???

In diesem Kapitel soll es nun u.a. um die Kritik an Rousseau gehen

Es werden zudem Denkanstöße gegeben - Man soll zum Nachdenken angeregt werden. Der Inhalt dieser Seite bietet noch einmal Gelegenheit sich einige Dinge durch den Kopf gehen zu lassen, um sich kritsch mit der Thematik auseinanderzusetzten.

      Schreibt: „Die Kinder, aus dem Haus gegeben, in Pensionaten, Klöstern und Internatsschulen verstreut, wenden ihre Liebe vom Elternhaus ab, oder besser gesagt, sie gewöhnen sich daran, an nichts gebunden zu sein. Die Geschwister kennen einander kaum. Führt sie in ein Familienfest zusammen, so werden sie sehr höflich zueinander sein; aber sie behandeln sich wie Fremde. Gibt es keine Vertrautheit mehr wischen den Eltern und keine Gemeinsamkeit in der Familie, so hält man sich an schlechten Sitten schadlos. So dumm ist keiner, diese Zusammenhänge nicht zu erkennen.

     Wenn ein Vater nur Kinder zeugt und ernährt, so erfüllt er nur einen Drittel seiner Pflicht. Dem Geschlecht schuldet er Kinder, der Gesellschaft gemeinschaftsfähige Menschen und dem Staat Bürger. Jeder, der diese dreifache Schuld zahlen kann und nicht zahlt ist schuldig, und noch schuldiger vielleicht, wenn er nur zur Hälfte zahlt […]. Ich sage jedem, der ein Herz hat und trotzdem diese heilige Pflicht verletzt, voraus, daß er seine Fehler bitter bereuen und sich niemals darüber trösten wird“ (Rousseau 1993, S.23).

--> Hat aber selbst alle seine Kinder selbst ins Findelhaus gegeben

 

Naturleitsystem

Da Rousseau an keiner Stelle dieser Schrift definiert, was Natur sei, und das auch gar nicht kann, ohne in Widersprüche zu verfallen, liegt es nahe, anzunehmen, er habe keine Bresche für die Natur schlagen als vielmehr seine Zeit anklagen wollen. Denn diese angebliche Erziehung nach der Natur ist ja ein einziger Krampf, ein ständiges geängstigtes Schauen nach dem Punkt, an dem Natur sich selbst überholt und aushebelt. Die Natur kommt in der Natur meist als ihre eigene Übertreibung vor. Sie ist ihr eigener Überschuss. Sie ist das, was eigentlich nicht hätte passieren dürfen, was aber notwendigerweise eintritt. Deshalb darf der arme Emil keine Vergleiche haben. Er wird aus allem abgezogen, aus der Stadt, aus der Gesellschaft, aus dem Umgang mit Frauen, bis er nur noch die Natur um sich hat und seinen Erzieher als Stellvertreter dieser Natur. Das Paradox ist: Die Natur braucht einen Erzieher.

Schon am Anfang des ersten Buches heißt es: „Wir wissen nicht, was uns die Natur zu sein erlaubt.“ Und der allererste Satz des Buches lautet: „Alles ist gut, wie es aus den Händen des Schöpfers kommt; alles entartet unter den Händen des Menschen.“ Man kann also mit dem Naturbegriff nicht sonderlich viel anfangen. Statt Natur hätte Rousseau überall Mäßigung als Terminus einsetzen können. Regulierung, Disziplinierung. Er schlägt im „Emil“ gewissermaßen der luxuriösen Zeit den wuchernden Kopf ab. Er selbst konnte und wollte in Paris nicht glänzen. Anders als seine Philosophenkollegen. Er hasste diese müßiggängerische Klasse, die Effeminierung, den Tand. Die Aussparung des Körpers. Er sah und hörte nichts als Diskurs. Alles schien ihm Ausfluss eingebildeter Bedürfnisse. Ein Schlüsselbegriff des Buchs: wahre und natürliche Bedürfnisse. Für deren Vermittlung ist der Erzieher als Dolmetsch zuständig. Der Zögling könnte sie nicht erkennen und von falschen unterscheiden. Und so heißt es, natürlich auch hier wieder paradox: Der Zögling darf alles wollen, nur soll er nur das wollen dürfen, von dem der Erzieher will, dass er will. Der Erzieher erkennt seinen Zögling besser als dieser sich selbst. Das natürliche Chaos muss geleitet werden. Vor allem: zurückgehalten werden. Alles funktioniert nach dem Prinzip der Auslagerung und des Aufschubs.

Aber was soll das, wenn die Versuchung sowieso kommt? Irgendwann fangen die Vergleiche an, wird bezogen – aber dann soll Emil ja schon ein perfekter Stoiker sein. Rousseau vertritt im „Emil“ ein sehr klassisches Erziehungsideal: Abstumpfung der Affekte, Ignoranz über die Leidenschaften (frei nach dem Motto, dass man sich Robinson Crusoe als glücklichen Menschen vorzustellen habe – weil er allein ist), Einsseins mit dem Körper im Moment des Herumtollens im Wald und auf der Heide. Leider springt halt dauernd noch der Erzieher mit. Immer. Ständig. Er ist immer dabei. Schläft im selben Zimmer wie Emil. Die ersten zwanzig Jahre. (Ich bin immer für dich da.  – Danke, aber ich mag Sie nicht.) Das Wort „natürlich“ wird einem nicht mehr über die Lippen kommen, wenn man dieses Buch gelesen hat. Es ist grammatologisch unmöglich.

Dieter Wenk (09.04)

      J.-J. Rousseau, Emil oder Über die Erziehung Paderborn 1983 (Schöningh)

(URL: http://www.textem.de/443.0.html)


Ist eine glückliche Erziehung unter solchen (von Rousseau aufgestellten) Umständen überhaupt möglich? Ohne soziale Kontake mit Gleichaltrigen z.B......


abschließend noch einige Thesen zum Thema „Emile oder Über die Erziehung“

 

1. Der fiktive Roman verhilft Rousseau dazu, seine Vorstellungen von einer idealen Erziehung darzustellen.

 

2. Die Gesellschaft hindert den Menschen daran, ein individueller Mensch zu sein. Eine natürliche Erziehung wirkt der Abhängigkeit, von der Gesellschaft, entgegen.

 

3. Der Mensch soll lieber eine bürgerliche, als gar keine Erziehung erfahren.   

 

4. Um eine ideale Erziehung durchführen zu können, ist es unabdingbar über den richtigen Erzieher, den richtigen Zögling, sowie den richtigen Ort, an dem die Erziehung stattfindet, zu verfügen.  

 

5. Die Bewahrung der Kindheit ist wichtig. Die Gegenwart des Kindseins soll nicht für die ungewisse Zukunft geopfert werden.

 

6. Die negative Erziehung ist eine wichtige Methode innerhalb der natürlichen Erziehung.  

 

7. Das Erlernen eines Handwerks ist unumgänglich. Dabei ist die Wahl des richtigen Handwerks von großer Bedeutung.    

 

8. Obwohl Rousseau gegen das gesellschaftliche Leben und dessen Auswirkungen auf den Menschen ist, muss Emile, während der Pubertät, auf das Leben in der Gesellschaft vorbereitet werden.

 

 

Manush Bloutian

Gratis Website erstellt mit Web-Gear


Verantwortlich für den Inhalt dieser Seite ist ausschließlich der Autor dieser Homepage. Missbrauch melden